Schlussfolgerungen aus den Mitgliederbefragungen von JEF & EUD (Teil 1)

Die JEF stellte 2012 die Ergebnisse einer Mitgliederbefragung vor, die in unserem Auftrag vom Projektbüro Angewandte Sozialforschung der Universität Hamburg durchgeführt wurde. Viele Ergebnisse waren wenig überraschend, da sie fundierte Vermutungen bestätigten. Gleichwohl gab es aber auch eine Reihe interessanter Einblicke, die dabei helfen können, Diskussionen zur Verbandsentwicklung rational zu unterfüttern, da sie es ermöglichen subjektive Eindrücke zu überprüfen.

Die Europa-Union Deutschland führte zwei Jahre später ebenfalls eine Mitgliederbefragung durch, die etwas weniger aussagekräftig und weniger umfangreich war, aber ebenfalls einige aufschlussreiche Ergebnisse lieferte. Da die Auswertung dieser – in diesem Jahr vorgestellten Befragung – für die Arbeitsgruppe Verbandsentwicklung des Präsidiums nützliche Impulse bieten kann, habe ich den Versuch einer Zusammenschau unternommen und möchte diese hier als Anlass und Ausgangsbasis für eine kurze Serie nehmen, in der ich einzelne Aspekte, die ich für besonders interessant oder wichtig halte, kurz vorstelle.

Zum Ende jedes Beitrages werde ich ferner ein paar Thesen formulieren, in der Hoffnung, dass sie dabei helfen mögen, eine fruchtbare Debatte über die Entwicklung unseres Verbandes zu befördern, in dem sie zu Zustimmung oder Widerspruch anregen.

Über die Befragungen

Zum Einstieg in die Serie möchte ich stichpunktartig einen kurzen Überblick über Umfang und Aussagekraft der Befragungen geben:

  • Beide Studien wurden entsprechend wissenschaftlicher Methoden von universitären Einrichtungen durchgeführt.
  • Der Umfang der Befragung der Europa-Union war, da die Befragung im gedruckten Mitgliedermagazin Platz finden sollte, deutlich geringer als jener der Befragung der JEF, da diese nicht nur Fragen mit unmittelbarem Bezug zur Verbandsentwicklung stellte, sondern auch Fragen zu Einstellungen und Haltungen der Mitglieder.
  • Beide Umfragen sind nicht repräsentativ für den Gesamtverband. Die Umfrageergebnisse der JEF-Befragung sind mit hoher Wahrscheinlichkeit repräsentativ für den Aktivenkreis des Verbandes. Die Umfrageergebnisse der Europa-Union hingegen können leider nur Indikator sein. Ein Indikator allerdings besser sein als subjektive Eindrücke einzelner Funktionsträger, die auf kleineren Stichproben beruhen.
  • Leider sind die Umfragen nicht aufeinander abgestimmt worden, so das Vergleiche teilweise nur bedingt oder gar nicht möglich sind. So fragte die JEF z.B. nach Migrationshintergrund von Mitgliedern, die EUD nach der Nationalität.

Wer wurde befragt?

Die Befragten der JEF sind zum überwiegenden Teil Studenten (rund 64%); der Anteil der Schüler liegt bei fast vier Prozent. Dies findet seine Entsprechung auch in der Altersstruktur; zu der festgestellt werden kann, dass die Mehrheit der Aktiven zwischen 22 und 27 Jahren alt ist. Bedeutsam ist ferner die Feststellung, dass der Anteil der 30-35jährigen Aktiven signifikant größer ist, als der Teil der unter 20jährigen.

Damit kann festgestellt werden, dass die JEF zwar ein Jugendverband ist, aber als solcher zum einen sehr studentisch geprägt ist, und zum anderen eine überdurchschnittlich hohe Altersstruktur aufweist. Allerdings ist diese Beobachtung m.E. nicht so dramatisch, wie sie innerverbandlich gelegentlich dargestellt wird, denn auch in vielen anderen Jugendverbänden haben Funktionsträger eine ähnliche Altersstruktur. Insbesondere im Kontext der politischen Jugendorganisationen ist eine derartige Altersstruktur nicht übermäßig untypisch.

Bei den Befragten der EUD sieht das Bild erwartungsgemäß anders aus. Mehr als die Hälfte der Befragten ist im Rentenalter; der Altersdurchschnitt beträgt 58 Jahre. Knapp über ein Fünftel der Befragten ist im JEF-Alter.

In beiden Organisationen lässt sich feststellen, dass Männer überrepräsentiert sind. In der JEF, mit einem 40% Frauenanteil, sieht dies allerdings deutlich weniger dramatisch aus als in der Europa-Union, in der nur rund 26% der Befragten Frauen sind.

Grundsätzliche Ähnlichkeit besteht insbesondere in der Frage des Bildungsstandes der Befragten. Beide Verbände haben eine sehr hohe Akademikerquote. Bei der JEF liegt sie bei mindestens 64%; bei der EUD bei 70%. Der Anteil der Personen, die nur einen Hauptschulabschluss haben liegt bei der JEF bei knapp über einem Prozent, bei der EUD bei rund 2%. Die Zahl der Mitglieder, die mindestens Abitur haben, beträgt in der JEF rund 90%; in der EUD rund 80%.

In der Zusammenschau lässt sich feststellen, dass

  • eine unterdurchschnittliche Beteiligung mittlerer Altersgruppen, sowie von Frauen auffällt;
  • es eine hohe Zahl von über 30jährigen gibt, die in der JEF aktiv bleibt, anstatt in der EUD aktiv zu werden;
  • beide Verbände akademisch geprägt sind und primär formal höher gebildete Menschen ansprechen.

Thesen

  1. Da die Mitgliederwerbung eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft sein wird, um die zur Zeit noch große Verbandsgröße zu halten, sollte sich der Verband im Allgemeinen auf Zielgruppen konzentrieren, bei der er mit möglichst wenig Aufwand, möglichst viel erreichen kann, um so Kräfte sinnvoll zu bündeln und Wachstumschancen zu optimieren. Dies schließt nicht aus, dass lokal – etwa im ländlichen Raum – andere Zielgruppen und Strategien sinnvoll sind. Im Hinblick auf den Gesamtverband ist aber festzustellen, dass Akademiker die Zielgruppe sind, die vermutlich am einfachsten für den Verband gewonnen werden können.
  2. Eine zentrale Herausforderung wird es JEF-Mitglieder jenseits der 30 für die Arbeit der Europa-Union zu gewinnen und zu halten. Zentral ist hierbei die Frage zu stellen, warum offenbar ein größerer Teil der Aktiven des Jugendverbandes mit der Mutterorganisation „fremdelt“ und wie die unterschiedlichen Organisationskulturen sich gegenseitig befruchten können.
  3. Die Europa-Union sollte dort, wo Frauen deutlich unterrepräsentiert sind, dafür Sorgen, dass mehr Frauen in Funktion kommen. Rein männliche Vorstände signalisieren eher, dass es sich um ein Old-Boys-Network handeln könnte als um einen heterogenen Verband. Ähnliches gilt vermutlich für Menschen mit Migrationshintergrund, aber dazu gibt die Befragung nicht viel an Daten her.